Zur Kriminalliteratur zählen in dieser kurzen Abhandlung der Detektivroman (to detect = aufdecken, enthüllen) bzw. die Detektiverzählung sowie der Thriller (to thrill = schauern, erbeben). Kriminalromane sind alle, egal ob es sich um einen pointierten Rätselroman, einen Spionageroman oder Heftromankrimi handelt, aber Definitionen und Abgrenzungen variieren von Autor zu Autor.
Inhaltlich setzt sich der Detektivroman aus einem rätselhaften Verbrechen, der Fahndung nach dem Täter sowie seiner Enttarnung zusammen, üblicherweise als Whodunit (Verballhornung von Who has done it?) zusammengefasst. Im Gegensatz zum Thriller geht es nicht um die Darstellung des Verbrechens mit seinen soziologischen und psychologischen Ursachen sondern einzig und allein um die Entlarvung des Täters. Dabei erscheint meist der Unschuldige schuldig und der Schuldige unschuldig. Der Mord (das Rätsel) wird rückwärts blickend rekonstruiert. Geht man von den Elementen action, analysis und mystery aus, werden die letzten drei von der Detektivgeschichte eingefordert, während das Action-Element herausragendes Kennzeichen des Thrillers ist und Spannung erzeugt. Umstritten ist die Zuordnung der hard-boiled Krimis, da sie nicht nur auf action sondern auch auf mystery bauen, das Verbrechen also nicht - wie im Thriller - von Anfang an offen legen.
Im Gegensatz zu einem Thriller, der den Leser gewissermaßen am Mord teilnehmen lässt, hebt sich der Detektivroman die Lösung des Falls als Pointe für die letzten Seiten auf, wobei der Fall rückblickend aufgerollt und entschlüsselt wird. Die Helden des Detektivromans sind dann auch nicht selten Hobbydetektive, die zufällig über einen Mord stolpern. Die Literatur bezeichnet diese Art des Krimis als pointierten Rätselroman. Im Gegensatz zu einem Rätselroman ist die Fahndung nach dem Mörder in einem Thriller nach vorn gerichtet. Im Detektivroman erschweren dem Detektiv falsche Spuren, in der Sekundärliteratur red herrings genannt, die Aufklärung des Mordes. Zeugenaussagen führen Detektiv wie Leser ebenso in die Irre wie z.B. der Mord in einem geschlossenen Raum (locked-room-mystery). John Dickson Carr lässt 1935 in seinem Detektivroman Der hohle Mann Dr. Gideon Fell allein ein halbes Dutzend Möglichkeiten aufzeigen, die das Mysterium eines Mordes in einem geschlossenen Raum erklären. Diverse Hinweise/Indizien (clues) führen den Detektiven, ein literarisches Porträt von Gilbert K. Chesterton, letztendlich auf die richtige Spur.
1965 konstatiert Ernst Bloch in seinem Aufsatz Philosophische Ansicht des Detektivromans eine Gleichzeitigkeit zwischen dem Einsatz eines Detektives und der Zunahme von Indizienprozessen im 18. Jahrhundert. Er wertet dies als Folge der Aufklärung. Wurden vorher Geständnisse nicht selten erzwungen, werden nun vor Gericht zunehmend Indizien ins Feld geführt. Ohne diese wäre auch der Detektiv in einem Kriminalroman fehl am Platz. Um für den Leser die Gedanken- und Handlungsfolgen der Detektivarbeit nachvollziehbar zu machen, wird den Helden nicht selten eine Art Adlatus zur Seite gestellt, der an den richtigen Stellen die richtigen Verständnisfragen stellt und Antworten bekommt. Die Sekundärliteratur bezeichnet diese Figur zumeist als Watson-Figur, nach dem treuen Gefährten von Sherlock Holmes. Die Watson-Figur hebt sich in der Regel vom Detektiv durch seine nicht intellektuelle Bodenständigkeit ab. Sowohl Poe's Auguste Dupin als auch Conan Doyle's Holmes wurden von ihren Autoren als Detektive mit eher distanziertem Verhältnis zum Verbrechen konzipiert. Daher bot sich an, zwischen den distanzierten Detektiv und den Leser einen vermittelnden Chronisten in Gestalt eines Ich-Erzählers einzubauen. Er kann wie bei Poe namenlos sein oder wie bei Holmes die festumrissene Gestalt des Dr. Watson.
Watson-Figuren (Polizeikollegen, Reporter, Geliebte) gibt es auch im Thriller, wo sie dieselbe erzähltechnische Funktion erfüllen wie im Detektivroman, mit dem Unterschied, dass sie im Thriller dem Helden nicht selten das Leben retten dürfen.
Im Gegensatz zum Detektivroman konkurriert die Polizei nicht mit dem Helden sondern verbündet sich mit ihm.
Vielfach herrschen im Detektivroman isolierte Räume wie Pensionen, Inseln oder Landhäuser vor (Landhaus-Krimis) sowie ein geschlossener Personenkreis. Die Atmosphäre ist eher gemütlich zu nennen, der Mord schockt. Während Wilkie Collins und Conan Doyle unter der Vielzahl englischer Landsitze wählen oder neue erfinden konnten, verlegte M.R. Rinehart einen dieser Landsitze kurzerhand nach Amerika. Trotz düsterer Korridore und flackernder Petroleumlampen mühten sich die klassischen Krimiautoren jener Zeit in ihren Detektivromanen den Gruseleffekt des romantic thriller auszusparen. Die Ausnahme von der Regel stellt John Dickson Carr (alias Carter Dickson, alias Carr Dickson) dar, der in einigen seiner über achtzig Kriminalromanen die Leser das Gruseln lehrt. Später lösten Pubs wie in Victor Gunns The Painted Dog (1955) Schlösser und Landsitze ab, ein Flugzeug wie in Agatha Christie's Death in the Clouds (1935) oder ein Schiff, wie in C.P. Snow's Death under Sails (1932). In The Painted Dog ermittelt Chief Inspector Cromwell, genannt Ironside, in Death in the Clouds Hercule Poirot, in Death under Sails Amateurdetektiv Finbow. Ein Thriller spielt im Dschungel der Großstadt mit schnell wechselnden Umgebungen und Szenen. Halbdunkle Parkgaragen, Hochhausdächer oder U-Bahn-Schächte eignen sich eher für die Action, als der Salon von Lord und Lady Deadlock.
Die Leiche im Detektivroman ist nicht mehr als ein Requisit, dem der Leser gefühlsneutral gegenübersteht. Im Laufe des Krimis allerdings wird sie moralisch belastet, um, laut Victor Zmegac (in: Der wohltemperierte Mord, 1971) unangemssene Reaktionen abzuwehren. Unbrauchbar seien daher unbescholtene oder tabuierte Personen wie zum Beispiel Kinder. Im Gegensatz hierzu wird im Thriller der Mord manchmal sogar aus der Sicht des Opfers beschrieben, was aufgrund der starken seelischen Anspannung des Lesers und der damit eventuell verbundenen Vertiefung seiner Vorurteile gegenüber der gesellschaftlichen Gruppe, der der Täter angehört, kritsch gesehen werden muss.
Vielfach werden die britischen Krimis jener Zeit von Frauen oder Akademikern geschrieben.
Der US-Amerikaner S.S. van Dine (alias Willard Huntington Wright), bekannt durch seinen Amateurdetektiv Philo Vance, stellte 1936 zwanzig Regeln für das Schreiben von Detektivromane auf, die im folgenden gestrafft wiedergegeben werden:
Das fair play: Detektiv und Leser müssen sich immer auf demselben Informationslevel befinden.
Raymond Chandler mokiert sich weiterhin in seinem 1944 erschienenen Aufsatz Mord ist keine Kunst über allzu konstruierte Verbrechen, die z.B. auf sekundengenauen Zeitplänen basieren und führt eine Geschichte von Dorothy L. Sayers an, bei der ein Mann, der nachts allein in seinem Haus ist, durch ein mechanisch ausgelöstes Gewicht stirbt, weil er a) genau im richtigen Augenblick das Radio anstellt und sich b) exakt soweit vorbeugt, dass ihn das Gewicht zuverlässig töten kann. Chandler bezeichnet diese Konstruktion als den lieben Gott auf dem Schoß sitzen haben. Monsignore Ronald A. Knox, der sechs Krimis schrieb und The Ten Commandments of Detection veröffentlichte, forderte darüber hinaus, dass Täter und Opfer der gleichen Gesellschaftsschicht angehören sollten.
Während im Detektivroman ein Mord am Anfang der Geschichte steht und rückblickend rekonstruiert wird, kann das Verbrechen im Thriller vom Raub bis zum Massenmord reichen und wird vom Leser unmittelbar miterlebt. Dadurch aber, dass es erst in der Story geschieht und zur Bedrohung wird, sieht sich der Held zur Gegen- bzw. Abwehr gezwungen. Häufig gibt es keinen einzelnen Ermittler mehr, sondern eine ingroup (die Guten ), die sich gegen ihre Gegner, die outgroup (die Bösen ) zur Wehr setzen muss. Dadurch, dass auch der Gegenspieler nicht mehr allein agiert, verliert das Verbrechen den Anschein des Außergewöhnlichen und in Bezug auf die Gesellschaft den Status der Ausnahme. Für die Autoren ergibt sich hiermit die Möglichkeit das Verbrechen als Anlass zur Kritik an einer, in welcher Hinsicht auch immer, gestörten Gesellschaft oder Gesellschaftsschicht zu nutzen.
Werden im Detektivroman Verdächtige zum Verhör vorgeladen, fängt man sie im Thriller gewissermaßen ein. Der Ermittler agiert nicht von einem festen Punkt aus sondern bleibt in Bewegung, egal ob bei der Verfolgung des Täters oder auf der Flucht vor ihm. In der Regel gerät der Held in eine für ihn existenzbedrohende Grenzsituation (Gefangenschaft, Kampf etc.), aus der er sich mit oder ohne Hilfe befreien kann. Seine eigenen gewalttätigen Handlungen sind immer als Notwehr gerechtfertigt, und der Gegner ist ihm beinahe ebenbürtig, was seinen letztendlichen Sieg um so wertvoller macht. Gerät der Held in Gefangenschaft, wird er nicht getötet sondern für einen späteren Tod verwahrt«, was ihm die Möglichkeit bietet, seiner Misere auf irgend eine Art und Weise zu entkommen. Der Held löst keine Rätsel wie im Detektivroman, er setzt sein Leben aufs Spiel.
Im Gegensatz zum Detektivroman muss am Ende des Thrillers das Rätsel des Wer und Warum und Wie wurde er überführt, nicht geklärt werden, da dem Leser Täter und Vorgeschichte hinreichend bekannt sind. Häufig endet der Thriller mit dem Tod des Verbrechers, während sich der Held in seinen verdienten Feierabend rettet.
Die Erzählperspektive kann im Thriller einseitig aus Sicht des Helden erfolgen oder abwechselnd aus Sicht des Ermittlers und des Täters. Im ersten Fall erlebt der Leser das Geschehen Schritt in Schritt mit dem Helden, was ihn auf einer auf- und absteigenden Spannungskurve in Atem hält. Im zweiten Fall löst der Wechsel der Erzählperspektive Beunruhigung über das weitere Schicksal des Helden bzw. die weiteren Schritte des Verbrechers aus, da der Wechsel in der Regel vor den Höhepunkten des jeweiligen Kapitels erfolgt. Während der Detektivroman eine rückwärts gerichtete Spannung aufbaut, ist die des Thrillers immer in die unmittelbare Zukunft gerichtet.
Im Thriller gehört das Opfer häufig der ingroup, den Guten an, womit die Aussparung moralisch tabuisierter Personengruppen (Kinder etc.), die für den Detektivroman gefordert wird, hinfällig ist. Im Thriller gibt sich der Täter frühzeitiger zu erkennen und stellt sich dem offenen Kampf. Der Held stellt sich ebenfalls dem Kampf, wobei die Moral seiner Handlungen (Moralinstinkt, selbst, wenn er tötet) zu keiner Zeit zur Debatte steht, damit die Identifikation des Lesers mit seinem Helden funktionieren kann. Für den Leser sind, außer körperlichen Qualitäten und praktischen Fähigkeiten, vor allem die Eigenständigkeit und das Durchsetzungsvermögen des Helden von besonderem Reiz, die autonome Handlungsfähigkeit, die von seinen Tugenden (Entschlossenheit, Tapferkeit etc.) bestimmt wird, und nicht zu vergessen das Glück, das bekanntlich dem Tüchtigen hold ist.
Von besonderer Befriedigung für den Leser dürften die aggressiven Rededuelle zwischen dem Helden und seinem Gegner sein, wie sie besonders in der hard-boiled-school vertreten sind. Der ohnmächtige Held wehrt sich mit der Waffe der Sprache gegen die Übermacht der Gegner, die in diesem Moment zum Stillhalten gezwungen sind. Redegewandtheit und Mut, Fähigkeiten, die sich in ähnlich hilflosen Situationen wohl viele wünschen. Eine Feder gewissermaßen, die mächtiger ist als das Schwert.
Im 18. Jahrhundert veröffentlichte der französische Jurist Francois Gayot de Pitaval zwischen 1734 und 1743 Prozessberichte. Die von ihm herausgegebenen zwanzig Bände waren sowohl in Frankreich als auch ab 1747 in Deutschland (Merkwürdige Rechtsfälle als ein Beitrag zur Geschichte der Menschheit) beliebter Lesestoff. Das Vorwort zur deutschen Ausgabe schrieb kein anderer als Friedrich Schiller, der unter anderem anführte: Man findet in demselben einen Auswahl gerichtlicher Fälle, welche sich am Interesse der Handlung, an künstlicher Verwicklung und Mannigfaltigkeit der Gegenstände bis zum Roman erheben und dabei noch den Vorzug der historischen Wahrheit voraus haben.
Mit der Strafprozessreform im 18. und 19. Jahrhundert entstanden Institutionen, die sich ganz der Aufklärung von Verbrechen widmeten. 1948 gründeten sich in London die Bowstreet Runner, die erste Detektivorganisation neben den ehrenamtlich arbeitenden Konstablern. 1829 wurde das Metropolitan Police Department ins Leben gerufen, nach der Straße ihres Präsidiums Scotland Yard genannt. 1809 gründete der Ex-Sträfling Eugene Francois Vidocq die Französische Sureté, der er achtundzwanzig Jahre vorstand. 1833 eröffnete er die erste Privatdetektei der Welt. Balsac nahm sich die Heldentaten des Vidocq als Vorbild für seinen Buch-Detektiven Vautron. 1850 gründete Allan Pinkerton in Chicago ein Detektivbüro, das erste in den USA, und wurde nach dem Bürgerkrieg Chef der Spionageorganisation Secret Service. 1822 traten in Preußen die Kriminalkommissare ihren Dienst an, 1830 entstand in Berlin die erste Kriminalabteilung, die berühmte Abteilung IV.
Dem unterentwickelten Stand der Technik entsprechend, waren die Detektive und Kommissare gleichermaßen auf Beobachtung, Intuition und Informanten angewiesen. Ab 1882 kam in Frankreich die Anthropometrie hinzu, die Vermessung der Knochen und des Schädels des Täters, nach der Wende zum 20. Jahrhundert dann die Daktyloskopie, die Abnahme und Sammlung von Fingerabderücken.
Welches die ersten Detektivgeschichten waren, darüber streiten sich die Gelehrten. Das Alte Testament, die Aeneis, arabische Märchen, Robinson Crusoe oder E.T.A. Hoffmanns Fräulein von Scuderi - fest steht lediglich, dass die seit dem Mittelalter veröffentlichten Prozessberichte, wie der Pitaval, als Stoffquelle dienten. Der Schauerroman (Gothic Novel), und der romantische Roman in Deutschland werden als Vorläfer des Kriminalromans genannt, die Abenteuerromane von Cooper, die Memoiren von Vidocq und die im 19. Jahrhundert auftretenden Feuilletonromane explizit als Vorläufer des Thrillers. Eine fortschrittlichere Drucktechnik, die Verstädterung und später die sinkenden Herstellungskosten führten zu einem Zeitschriftenboom, den Autoren wie Conan Doyle, Poe und Gaborieau nutzten, ihre Geschichten abdrucken zu lassen. Der Thriller es 20. Jahrhunderts beeinflussten maßgeblich die Bilder, die laufen lernten, das Kino (actionreiche Handlung, schneller Szenenwechsel).
1841 schrieb Edgar Allen Poe die erste Detektivgeschichte und nannte sie The Murders in the Rue Morgue (Der Doppelmord in der Rue Morgue). Ein Mord, der in einem verschlossenen Raum geschieht, ein Detektiv namens Chevalier C. Auguste Dupin, der kraft seines Intellekts das Geheimnis löst, ein Freund und Helfer, der dem Helden den Spiegel der Genialität vorhält, der Doppelmord in der Rue Morgue besaß alles, was eine Detektivgeschichte fordert, nur die Rekonstruktion des Mordes an sich war so unwahrscheinlich wie ein Mord nur sein kann. Ein Affe war der Täter. Poe, der zu Lebzeiten einen eher zweifelhaften Ruf genoß, er galt als mad, bad and dangerous to know, verstarb im Alter von nur vierzig Jahren und schrieb außer Kurzgeschichten wie Das Fass Amontillado (1846) und Der Untergang des Hauses Usher (1839) auch Gedichte (The Raven, 1845; Ulalume, 1847).
Poes literarischem Vorstoß im englischsprachigen Raum folgte der Rechtsanwalt, Maler und Schriftsteller Wilkie Collins mit einer Detektivgeschichte in Romanlänge. Collins schrieb 1859 The Woman in White, ein Fortsetzungsroman in einer Zeitschrift, der später gebunden und in großer Auflage verkauft wurde. Der Krimi basierte auf einem wahren Kriminalfall in Frankreich und wurde mit großem Erfolg für die Bühne bearbeitet. 1868 folgte The Moonstone, dessen Verkaufszahlen die von The Woman in White noch bei weitem übertrafen. In The Moonstone führt Wilkie Collins einen professionellen Detektiven ein: den Polizisten Sergeant Cuff, erschaffen nach dem tatsächlich existierenden Inspector Whicher von Scotland Yard, den auch Charles Dickens in Three Detective Anecdotes als Vorbild nahm. In beiden Romanen geht es nicht um Mord sondern lediglich um Diebstahl und Intrige.
In Frankreich schrieb Emile Gaboriau, nach seiner Laufbahn als Kavallerist und Assistent des Krimiautors Paul Feval, 1866 ebenfalls einen Kriminalroman, der wie Collins Bücher zunächst als Fortsetzungsroman in einer Zeitschrift erschien: L'Affaire Lerouge mit dem Detektiven Père Tabaret. Später greift Chesterton mit seinem Pater Brown die Idee des Priesters als Detektiven auf. Noch vereint sich bei Gaboriau der melodramatische Feuilletonroman mit dem Rätselroman zu einer Einheit. Gaboriaus Kriminalroman wird ein großer Erfolg. Der Detektiv in seinen späteren Krimis heißt Lecoq, ein unscheinbarer junger Polizist, der sich mit dem Alltag der Polizeiermittlungen herumschlägt und sich unter dem lesenden Volk großer Beliebtheit erfolgt.
Die erste weibliche Krimiautorin in Amerika hieß Anna Katherine Green, ihr erster Krimi 1878 The Leavenworth Case mit dem Serienhelden Ebenezer Gryce des New York City Police Department. Später ermittelten auch Frauen in ihren Büchern: Violet Strange und Amelia Butterworth.
Auch Arthur Conan Doyle schrieb seine Romane und sechsundfünfzig Detektivgeschichten um einen Serienhelden herum: Sherlock Holmes mit seinem getreuen Freund Watson: The Sherlock Holmes Canon. 1887 erschien A Study in Scarlet, 1890 The Sign of Four, 1902 The Hound of Baskerville und ebenfalls 1902 The Valley of Fear. Seines Helden überdrüssig, ließ er Sherlock Holmes schließlich 1893 in The Final Problem ums Leben kommen, musste sich jedoch dem Protest seiner Leserschaft, begeisterten Sherlockianern, geschlagen geben und Holmes 1905 wiederauferstehen lassen. Und nicht nur das: nach Sir Arthurs Tod führten Autoren wie Ellery Queen, Nicholas Meyer, Michelson/Utechin, Hardwick und andere die Sherlock-Holmes-Saga weiter. Roosevelt, ebenfalls ein Sherlock-Fan taufte das Secret-Service-Gebäude in Camp David in Baker Street 221B um, eine Adresse, die bekannter wurde als Downing Street Nr. 10.
Ein Serienheld sicherte den Autoren der Detektivromane ihren festen Leserstamm und wurde von den meisten Krimiautoren übernommen. Nur Edgar Wallace, der erfolgreichste Autor von Detektivgeschichten des 20. Jahrhunderts, verzichtete auf diesen Trick. Die Ermittler dieser Zeit werden häufig überhöht dargestellt und mit beinahe übermenschlichen Qualitäten ausgestattet, die Aufklärung des Mordes gerät zur Denksportaufgabe.
Detektiven, wie Sherlock Holmes, stellten Ernest William Hornung und Maurice Leblanc Meister-Einbrecher wie Raffles (ab 1899) und Arsène Lupin (ab 1907) entgegen, die ihre Einbrüche mit der selben Brillanz verüben wie die großen Detektive ihrer Vorgänger ihre Ermittlungen. Der Gegenspieler von Lupin ist Oberinspektor Justin Ganimard, der immer wieder aufs Neue düpiert wird. Die Lupin-Serie dürfte Vorbild für die Pink-Panther-Filmserie mit Peter Sellers gewesen sein. 1910 erschien von Leblanc Arsène Lupin kontra Herlock Sholmes, wobei der Name aus urheberrechtlichen Gründen verfälscht werden musste. A.J. Raffles ist der Held zahlreicher Kurzgeschichten und eines Romans (Mr. Justice Raffles, 1909), ein Gentlemaan-Verbrecher, ein Snob, der in der gelangweilten Fin de siècle-Stimmung von sich selbst sagt: In unserer langweiligen Zeit ist das die einzig romantische und aufregende Laufbahn, die einem noch offensteht... (aus: Woeller, Illustrierte Geschichte der Kriminalliteratur, Leipzig 1984, S. 113). Ebenfalls ein Ganove, aber kein Gentleman, war The Lone Wolf (1914) des Amerikaners Louis J. Vance, der sich auf die Seite von Recht und Ordnung schlug und in aufregende Verfolgungsjagten geriet, ohne das Niveau der Raffles- oder Lupin-Storys zu ereichen.
Pater Brown, ein kleiner unscheinbarer Priester der römisch-katholischen Kirche, ein Anti-Holmes, ermittelt ab 1911 in den Erzählbänden von Gilbert Keith Chesterton, der wie Poe der Kurzgeschichte den Vorzug gab. The Innocence of Father Brown (1911), The Wisdom of Father Brown (1914), The Secret of Father Brown (1927), The Scandal of Father Brown (1935). Im Gegensatz zu seinen Vorgängern befaßt sich Chesterton mit den seelischen Nöten seiner Verbrecher und läßt Pater Brown aus seiner Berufung zum Seelsorger heraus die Rätsel lösen. Chesterton, der Sohn wohlhabender Eltern, studierte in Oxford und schrieb neben Gedichten und literaturhistorischen Studien auch eine Abhandlung über The Victorian Age (1913). Was ihn abstößt sind selbstgerechte Besserwisserei und Egoismus. Politisch ist er ein orthodoxer Liberaler und gegen den industriellen Kapitalismus. 1922 tritt er zum Katholizismus über. Was in den Pater-Brown-Büchern die Spannung ausmacht, ist das Auseinanderklaffen von Schein und Sein. Aufgegriffen wird die Anti-Holmes-Figur von Agatha Christie mit ihrem lächerlichen Hercule Poirot und der strickenden alten Jungfer Miss Marple.
Reale Prozesse, wie die gegen den Londoner Arzt Crippen oder G.J. Smith, der seine vier Frauen in der Badewanne ertränkte, heizten weiter das Interesse der Bevölkerung an Verbrechergeschichten an. In den zwanziger und dreißiger Jahren erreichte die Ära des Detektivromans mit Agatha Christie, Dorothy L. Sayers (Lord Peter Wimsey) und George Simenon (Jules Maigret) einen neuen Höhepunkt (Golden Age). Eine Gruppe unbekannter Krimi-Autoren mit sehr unterschiedlichen Stilen bildete sich heraus. Agatha Christie schrieb mit verstecktem Humor, während zum Beispiel Dorothy L. Sayers eher literarisch ambitioniert war.
Dorothy Leigh Sayers wurde 1893 als Tochter eines Pfarrers in Oxford geboren, wo sie später auch studierte und die Mutual Admiration Society, einen literarischen Zirkel, gründete. Nach religiösen Gedichten und Erzählungen schrieb sie 1922 ihren ersten Roman (Whose Body 1923) und arbeitete als Texterin in einer Werbeagentur. 1932 gründete sie mit anderen Krimiautoren den Detection Club, dem auch Anthony Berkely, G.D.H. und Margaret Cole, Freeman Willis Corts, Clemens Dane, Edgar Jepson, Milward Kennedy, Ronald A. Knox, John Rhode, Dorothy L. Sayers, Henry Wade und Canon Victor Lorenzo Whitechurch angehörten. Der erste Club-Präsident war G.K. Chesterton, und verboten wurde den Mitgliedern in der offiziellen Eidesformel: Divine revelation, Feminine Intuition, Mumbo-Jumbo (fauler Zauber), Jiggery-okery (Hokuspokus), Coincidence or the Act of God. Die Autoren verfassten gemeinsam einen Krimi: Die letzte Fahrt des Admiral mit dem Protagonisten Inspektor Rudge. Von 1948-1957 war Dorothy L. Sayers Präsidentin des Clubs. Ihr Wunsch war es, Krimis wieder auf das Niveau der von ihr geschätzten Autoren Wilkie Collins und Sheridan Le Fanu anzuheben. Ihre eigenen Krimis zeichnen sich im Vergleich zu denen ihrer Zeitgenossen durch eine detailliertere Beschreibung von Hintergründen und Motiven aus und weisen die eher realistischen Züge eines Gesellschaftsromans auf. In späteren Jahren schrieb sie Literaturkritiken und Satiren für den Punch sowie religiöse Werke.
Im Gegensatz zu ihr schrieb Agatha Christie, 1890 als Agatha Clarissa Miller in Torquay geboren, reine Rätselkrimis. Die belgischen Flüchtlinge im Ersten Weltkrieg inspirierten sie zu Hercule Poirot, den belgischen Detektiven u.a. ihres ersten Romans The Mysterious Affair at Styles (1920), der seine Fälle mit Logik und Rationalismus löst. Die Watson-Figur in den ersten Krimis heißt Captain Hastings, doch Christie schafft ihn bald wieder ab, in dem sie ihn verheiratet. Ihre eigene Großmutter diente als Vorlage zu Miss Marple, die mit Intuition und Einfühlungsvermögen die Verbrecher entlarvt und zur Identifikation des Lesers besser geeignet scheint als Hercule Poirot, der skurrile Belgier. Agatha Christie schrieb ca. 90 Kriminalromane, sechs Liebesromane unter dem Pseudonym Mary Westmacott und bearbeitete ihre Vorlagen fürs Theater selbst (The Mousetrap u.a.).
In den Dreißiger Jahren driften die Stile der Krimischreiber in zwei verschiedene Richtungen auseinander. Während die einen wie Rex Stout mit dem dicken Nero Wolfe, Leslie Charter Bowyer Lin, Georgette Heyer, Ngaio Marsch, Cecil Day Lewis und Margery Allingham der Tradition des Rätselromans die Treue halten, entwickeln in Amerika Dashiell Hammett und Raymond Chandler eine eigene Schreibrichtung.
Hammetts Krimis erschienen zwischen 1929 und 1934 (The Thin Mann, The Maltese Falcon etc.). Dashiell Hammetts Geschichten entführen den Leser in die unverwechselbare Atmosphäre von San Francisco in jener Zeit, Raymond Chandlers Detektive hingegen agieren in den Abbruchvierteln und Luxusstraßen von Los Angeles. Chandler beschrieb Hammett als den Schriftsteller, der den Leuten, die Grund hatten zu morden, den Mord zurückgab. Die Waffen des Mannes von der Straße lösten Duellpistolen, Curare und andere ausgefalle Mordmethoden der privilegierten Oberschicht ab. Hammett war zeitweise als Detektiv bei Pinkerton angestellt.
Raymond Chandler (1888-1959), Hammetts bedeutendster Nachfolger, verlor während der Weltwirtschaftskrise seine Arbeit bei einer Ölgesellschaft und fing mit dem Schreiben von Kriminalgeschichten an. Seine erste Kurzgeschichte Blackmailers Don't Shoot erschien 1933. 1939, sechs Jahre später kam sein erster Roman The Big Sleep heraus, gefolgt von Farewell, My Lovely (1940), The Lady in the Lake (1943), The Little Sister (1949), The Long Goodbye (1953) usw. Weniger Erfolg hatte Chandler mit seinen beiden letzten Romanen Playback und dem unvollendeten Poodle Springs. Auch seine Karriere als Drehbuchautor in Hollywood war nicht von Erfolg gekrönt. Ähnlich wie Poe verfiel er nach dem Tod seiner Frau in tiefe Depressionen und sprach unmäßig dem Alkohol zu.
Beide, Hammett wie Chandler, zeigen eine durch und durch korrupte Gesellschaft auf und gehören der hard-boiled-school der Krimiautoren an.
In der hard-boiled-school mit ihren hard-boiled detectives tritt der analytische Teil der Mordaufklärung zugunsten des aktionistischen Erzählelements in den Hintergrund, eine Struktur, die der des Heftromans ähnelt. Aus dem Rätselroman wird ein Actionroman, der sich eher dem Thriller denn dem Detektivroman zuordnen läßt. Die ersten Geschichten dieser neuen Krimiart erschienen ab 1920 im Magazin Black Mask, in dem Autoren wie Erle Stanley Gardener, James M. Cain, Horace McCoy, Dashiell Hammett, Raymond Chandler, Caroll John Daly und Raoul Whitfield veröffentlichten.
Bei der Darstellung des Detektivs rückt die physische Kraft in den Vordergrund sowie sein Vermögen, Kraft und Emotionen zu kontrollieren, was ihn von den Bösewichtern unterscheidet. Menschen in existenziellen Krisensituationen, hartgesottene Outlaws, die verprügelt und angeschossen werden, durch ihren eisernen Willen aber immer wieder auf die Beine kommen. Chandlers Held Philip Marlowe wehrt sich allerdings weniger mit seinen Fäusten als vielmehr im aggressiven Rededuell. Er jagt verbal den Mächtigen Angst ein. Seine Sprache wird zur Waffe.
Carrol John Daly erfindet einen patriotischen, selbstgerechten, brutalen und Lynchjustiz betreibenden Helden namens Race Williams (The Snarl of Beast, 1927; The Amateur Murderer, 1933; Murder from the East, 1935). Zum Verbrecher eignen sich bei ihm vorzugsweise Asiaten oder Europäer. Auch Hammett schildert seinen Continental-Operator als Figur mit einem ausgesprochenen Vergnügen an der Gewalt (violence-is-fun technique), wobei die dargestellten Verflechtungen aus Gesetz und Verbrechen, Politik und Gesellschaft, der Sumpf, durch den sich der Detektiv kämpft, seine Handlungen für den Leser nachvollziehbar machen. Die Detektive der hard-boiled-school stehen dem Verbrechen nicht distanziert gegenüber wie Sherlock Holmes und Kollegen, sondern bewegen sich im unmittelbaren Umfeld des Mordes. Ansätze einer Sozialkritik lassen sich daran erkennen, dass z.B. Chandler das Verbrechen als Symptom eines sittlichen Verfalls der Gesellschaft beschreibt.
Mickey Spillane, Carter Brown und James Hadley Chase waren ebenfalls Vertreter der violence-is-fun-technique, andere von Chandler und Hammett beeinflusste Autoren wie Ross MacDonald und Walter Mosley griffen auf den gesellschaftskritischen Ansatz zurück. Besonders brutal löst Mickey Spillanes Detektiv Mike Hammer seine Fälle. Ein weiteres Beispiel ausufernder Brutalität ist der Roman No Orchids for Miss Blandish ( 1939) von James Hadley Chase. In diesem Buch zählte ein Kritiker 22 Leichen, 16 Schwerverletzte, 5 Gequälte und 5 aufs Kreuz gelegte Mädchen.
Chester Himes, ebenfalls der hard-boiled-school verpflichtet, begann mit gesellschaftskritischen Romanen zum Thema Rassenkonflikt und wechselte Ende der fünfziger Jahre in seiner neuen Wahlheimat Frankreich zu Krimis über (Cotton Comes to Harlem, 1964, The Big Gold Dream, 1960, A Rage in Harlem, 1965). Seine Helden heißen Coffin Ed und Grave Digger und ermitteln als schwarze Polizisten in Harlem. Ed McBains Protagonisten sind die Polizisten eines Reviers in New York City und bearbeiten - ebenfalls ein Novum - nicht nur einen Fall sondern mehrere gleichzeitig (Cop Hater, 1956, Con Man, 1957, Killer's Choice, 1958 etc.).
Während und nach dem Zweiten Weltkrieg lösten neben Kriegsromanen Spionageromane den Detektivroman vorerst ab (Margery Allingham, Michael Innes), doch bereits im ersten Jahrzehnt nach dem Krieg setzte sich das Bedürfnis nach Unterhaltungsliteratur wieder durch. Während Michael Innes' (Pseud. f. John Innes Macintosh Stewart) Detektivromane vor literarischen Anspielungen und Zitaten nur so strotzen, lässt Edmund Crispin (Pseud. f. Robert B. Montgomery) seine Helden die Aufgaben mit Humor erfüllen. Parodistische Züge, bis hin zur Auflösung des Genres, zeigen hingegen die Krimis von H.R.F. Keating mit seinem ungeschickten Inspektor Ghote, Marion Marinwairing, Stanley Ellin und Patrick Quentin.
Mitte der vierziger Jahre wurde der Detektivroman im engeren Sinne durch den Kriminalroman abgelöst, in dem es häufig keinen Detektiv mehr gab. Der Täter verriet sich nicht mehr durch falsche Alibis oder am Tatort gefundene Zigarettenstummel sondern durch die eigene Psyche. Der Psychokrimi entstand. Es ging nicht mehr nur darum, den Täter zu entlarven sondern um dessen Schicksal vor und nach der Tat. Milieuschilderungen, die sich im Detektivroman auf die Zeit vor dem Verbrechen beschränkt haben, treten aus ihrem Schattendasein hervor und bestimmen Stimmung und Stil des Kriminalromans. Selbst die Miss-Marple-Krimis von Agatha Christie, die sie bis in die siebziger Jahre hinein schrieb, unterlagen diesem Wandel.
Im deutschsprachigen Raum gab es zwei Wiener Schriftsteller, die zwischen dem Fin de siècle und den dreißiger Jahren Krimis schrieben. Auguste Groner, eine Volksschullehrerin schrieb u.a. Das Skelett (1900), Das Kreuz der Welser, (1910) etc., Krimis, die zum Teil auch ins Englische übersetzt wurden. Der zweite Autor war Erich Ebenstein, der unter dem Pseudonym Anni Hruschka Krimis wie Das Rätsel von Schloß Kronstein (1930) schrieb. Erich Kästner schrieb 1929 den Kinderkrimi Emil und die Detektive. Insgesamt beanspruchen deutschsprachige Krimis aus jener Zeit einen verschwindend geringen Anteil im Vergleich zu den englischsprachigen. Die Kriminalliteratur galt über lange Zeit hinweg als ein Genre, mit dem sich Autoren von Rang nicht abgaben.
Aber auch im englischsprachigen Raum verbargen sich immer mehr Autoren hinter einem Pseudonym bzw. schrieben unter anderem Namen, um nicht in den verpönten Ruf der Vielschreiberei zu gelangen. Hinter dem Autorennamen Ellery Queen, der gleichzeitig auch der Name ihres Protagonisten war, standen die Vettern Frederic Dannay und Manfred B. Lee, die ihre Storys in der City von New York ansiedelten und mit Ellery, dem Sohn eines Polizeiinspektors, einen leicht versnobten Schriftsteller schufen, der die kompliziertesten Fälle löste.
Immer wieder wagten und wagen sich Autoren an historische Krimis. Agatha Christie, die reiselustige Ehefrau eines Archäologen bearbeitete das alte Ägypten (1945), Gaboriaus Lecoq findet sich in den Nachwirren der Französischen Revolution wieder (1863), Anne Perry beschreibt langatmig das viktorianische England (u.a. The Cater Street Hangman, 1984) und gleich drei Autoren haben einen Mönch und ein mittelalterliches Kloster ausgewählt: die Engländerin Ellis Peters mit Bruder Cadfael, E.M. Allison (Trough the Valley of Death) und nicht zu vergessen Umberto Eco. Ecos schreibt mit Der Name der Rose, einem im Mittelalter spielenden, historischen Kriminalroman voll ironischer Anspielungen auf Conan Doyle (William von Baskerville etc.), 1982 einen Weltbestseller. Lindsay Davis' Detektiv Marcus Didius Falco ermittelt ab Ende der achtziger Jahre in der Antike und ist genau genommen ein hard-boiled detective, während sich Paul C. Doherty wie Eco auf das Mittelalter konzentriert und verschiedene Detektivpaare zum Einsatz bringt.
Harry Kemelman, Professor am State College in Boston, begann kurz nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Schreiben von Kurzgeschichten und schuf in den sechziger Jahren den Rabbi David Small, der zusammen mit dem Polizeichef einer amerikanischen Kleinstadt Verbrechen aufklärt und einem aufkommenden Antisemitismus entgegensteuert. Sein erster Krimi hieß Friday the Rabbi Slept Late (1964), wobei er in der Folge alle Wochentage einmal in die Titel seiner Rabbi-Krimis mit einbindet. Die Morde lösen in den unterschiedlichen Gruppen am Wohnort und in der Gemeinde des Rabbis Konflikte aus, die das weitere Geschehen maßgeblich mit beeinflussen. Kemelmann nimmt einen Mord zum Anlaß, das wahre Gesicht amerikanischer Gesellschaft zu entlarven, das sich im Alltag hinter Phrasen verschanzt. (Peter Nusser: Der Kriminalroman, Stuttgart 2003.) Bis heute sind einige Autoren den Prinzipien der Detektivgeschichte treu geblieben (u.a. Kemelmann, P.D. James, Margaret Millar, Martha Grimes, Minette Walters, Elisabeth Georges, Ruth Rendell), andere, wie Margaret Millar, Patricia Highsmith und Ruth Rendell haben sich auf Thriller spezialisiert.
Mit am Eindrucksvollsten schildert Patricia Highsmith, gebürtige Texanerin, in ihren Psychothrillern das Abgleiten eines Normalbürgers zum Verbrecher. Mit ihrem Buch Strangers on a Train (1950) wurde sie schnell berühmt, der Thriller schon ein Jahr später von Hitchcock verfilmt. In Deep Waters (1958) treibt eine Frau ihren Mann dazu, ihre Liebhaber zu ermorden, und zwar so, dass der Mann, ein guter Vater und liebenswerter Kerl, trotz allem die Sympathien der Leser behält. Ähnliches gelingt ihr mit Mr. Ripley, einem literarischen Gauner in der Nachfolge von Raffles und Lupin, der im Gegensatz zu ihnen aber auch in Notfällen mordet. Ich finde die öffentlich zur Schau gestellte Leidenschaft für Gerechtigkeit ganz langweilig und künstlich, denn weder das Leben noch die Natur kümmert sich darum, ob Gerechtigkeit herrscht oder nicht. (Patricia Highsmith, In: Leonhardt, Mord ist ihr Beruf, München 1990, S. 257). So wird in ihren Thrillern die Frage nach Gerechtigkeit ausgespart, es gibt weder Rätsel zu lösen noch Detektive. Der Leser kennt den Mörder von Anfang an und hofft, dass er ungeschoren davon kommt.
Margaret Millar, in Kanada geboren, schrieb anfangs Detektivromane, bevor sie mit Beast in View (1955) endgültig auf Thriller umstellte. Es folgten u.a. A Stranger in my Grave (1960), The Fiend (1964) (fiend bedeutet die Verkörperung des Bösen schlechthin) und Banshee (1983). Keines ihrer Bücher gleicht dem anderen, nur das Bild des Bösen taucht immer wieder auf.
Auch Ruth Rendall beginnt mit konventionellen Krimis wie From Doon with Death (1964), in dem Inspektor Wexford seinen Weg als Seriendetektiv auf dem schmalen Grat zwischen Normalität und Anormalität in unheilschwangerer Atmosphäre beginnt. A Judgement in Stone (1977) ist bereits an der Grenze zwischen Krimi und Psychothriller, die Rendall mit The Tree of Hands (1984) und ihren weiteren Büchern endgültig überschreitet.
Die Namen Highsmith, Millar und Rendall stehen stellvertretend für die Autoren, die die Ära der Thriller
mit eingeläutet haben. Die heutigen Thriller werden in allen Bevölkerungsschichten gelesen, sei es in
Form von Heftromankrimis (Jerry Cotton etc.) oder Büchern. Mehr als zwei Drittel aller erscheinenden Thriller
werden aus dem Englischenen oder Amerikanischen übersetzt, und die Reihe der Autoren und Titel wächst unaufhaltsam
weiter. Grisham, Kerr, Child, Larsson, Ridpath, Pearson, Lehane, Turow, die Liste der Namen lässt sich endlos fortsetzen
daher endet an eben dieser Stelle meine kurze Geschichte des Kriminalromans. Sie ist weder vollständig noch erhebt sie
den Anspruch darauf. Diejenigen, die sich ausführlicher informieren möchten, finden unter dem Link
Krimi-Bibliographie auf der Navigationsleiste einiges an Sekundärliteratur.
That's it!